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Schwierigkeiten!?

Ein Auslandsjahr ist nicht immer einfach. Man ist während eines solchen Auslandsaufenthaltes natürlich mit vielen neuen Situationen konfrontiert. Die neue Umgebung birgt Herausforderungen, denen man sich (anfangs) nicht gewachsen fühlt. Trotz, oder vielleicht sogar wegen dieses Wissens, habe ich mich für ein Auslandsjahr entschieden. Der Umgang mit Herausforderungen trägt stark zur Weiterentwicklung und Persönlichkeitsbildung bei. In einem gewissen Rahmen bringen Herausforderungen einen also weiter-  sie sind ein wichtiger Bestandteil des Lebens und machen es spannend, deshalb ist der gute Umgang mit ihnen eine wertvolle Eigenschaft. Wer mit Veränderung umgehen kann, hat einen großen Vorteil gegenüber jenen, die nicht so anpassungsfähig sind. Ich hoffte also nicht nur mit verbessertem Englisch, sondern auch mit vielen neuen Erfahrungen und gestärkt aus diesem halben Jahr hervorzugehen.

 

Ein klassisches Austauschschüler*innen Problem sind Schwierigkeiten bei der Kommunikation mit der Gastfamilie. Beim Umgang mit solchen Situationen setzt man sich mit seinen Bedürfnissen auseinander, lernt diese zu äußern und erlangt so wertvolle Fähigkeiten fürs Leben. Die kulturellen Unterschiede führen leicht zu Missverständnissen, diese können sich bei nicht-Ansprache zu massiven Problemen entwickeln. Damit dies nicht passiert ist Kommunikation immens wichtig. 

Es gibt jedoch Dinge die nicht so einfach zu klären sind, bei denen man als einzelne*r Austauschschüler*in nicht weiterkommt und bei denen Hilfe von außen mehr als hilfreich wäre. Ich habe das Gefühl mich gerade in einer solchen Situation zu befinden. Alles ist anders als erwartet. Die geplanten Aktivitäten sind gecancelt und das treffen Gleichaltriger ist nicht möglich. Auch andere Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen nicht, oder nur eingeschränkt.

Wie schon in vorigen Blog Einträgen erläutert, hatte ich besonders in den ersten Tagen/ Wochen Probleme mit diesen Umständen klarzukommen. Nach und nach wurde dies zum Glück einfacher. Besonders der Kontakt mit Zuhause- die Bestärkung durch meine Mutter und meine Freundinnen halfen mir mich zurechtzufinden. Auch wenn ich inzwischen mit der Situation klar komme, hätte ich mir (mehr) Unterstützung durch meine Organisation und auch vor Ort gewünscht. Ich fühle mich ein wenig alleingelassen mit der Situation, und denke es gäbe verschiedenste Möglichkeiten des Austauschprogrammes uns Austauschschüler*innen zu unterstützen.

Nach mehrmaliger Anregung machen wir jetzt online Meetings mit den Internationals meiner Schule. Ich genieße diese Treffen sehr, da es echt schön ist sich mit Leuten in der gleichen Situation auszutauschen und wieder ein wenig Englisch zu sprechen. Ich habe die vergangenen Wochen größtenteils alleine verbracht und die größte soziale Interaktion bestand aus den regelmäßigen Videochats und Telefonaten mit Leuten aus Deutschland. Eigentlich bin ich ja in Kanada um mein Englisch auszubauen und neue Erfahrungen zu sammeln, und nicht um mein deutsches Leben weiterzuleben. Da sich meine Gastfamile aber wenig Zeit für mich nimmt, sind die Konversationen mit Freunden, Familie etc. (und auch Webinare und ähnliches) wichtiger Bestandteil meines unalltäglichen Alltags. Ich bin echt froh, dass ich diese Möglichkeiten habe und weiterhin gut beschäftigt bin. Andere Austauschschüler*innen, die keine solchen Möglichkeiten haben, erzählten mir dass sie Schwierigkeiten hätten ihre Tage zu füllen und ihre Zeit häufig unproduktiv nutzten. Besonders für sie wäre eine stärkere Unterstützung notwendig.  

Da hier in Kanada vieles anders ist, wusste ich lange nicht welche Dinge einfach zu kulturellen Unterschieden gehören und was Dinge sind, die ich ansprechen sollte. Da ich vorher noch nie in einer solchen Situation war, verunsicherte mich dies (und tut es auch immer noch). Das war bei mir zum Beispiel in den letzten Monaten der Fall- dass ich so wenig mit meiner Gastfamilie mache ist eines dieser Probleme. Wir machen kaum Dinge gemeinsam und leben im Moment eher nebeneinander als miteinander. Aus Deutschland bin ich es gewohnt mit meiner Familie gemeinsam zu Essen, diese Zusammenkünfte sind eine regelmäßige Austauschmöglichkeit. In Kanada esse ich so gut wie nie mit meiner Gastfamilie und merke dass mir der dortige Austausch (der auch sonst kaum stattfindet) fehlt. Wir haben in den vier Monaten die ich jetzt schon in Kanada bin etwa drei Mal gemeinsam gegessen. Dies ist nur ein Beispiel unter vielen. Ich wusste (und weiß) nicht ob dies in Kanada normal ist, ob ich es einfach nur von meiner Familie in Deutschland gewohnt bin und ob ich dies überhaupt ansprechen soll.

 

Aus diesen Gründen überlege ich jetzt früher zurück nach Deutschland zu kommen. Die Schulen werden dieses Schuljahr in Nova Scotia nicht mehr öffnen und das Schuljahr endet, einen Monat früher als geplant, Anfang Juni. Aus diesem Grund bekam ich von meiner Organisation die Möglichkeit ein paar Wochen früher wiederzukommen. Für mich ist dies eine realistische Überlegung und spontan stehe ich einer früheren Rückreise positiv gegenüber. Es gibt zwar einige Dinge die ich hier echt genieße, wie zum Beispiel die Wanderungen in der Umgebung. Ich bin wirklich dankbar mich gerade in einer so schönen Umgebung zu befinden. Ich wohne fast direkt am Meer und ein Wanderweg in der Nähe führt durch den von Flüssen durchzogenen Wald, der jetzt mit Anfang der Frühlings immer grüner wird. Es ist so wunderschön durch die Umgebung zu laufen und ich bin so froh, dass die Regelungen langsam gelockert werden.

Ich habe meine Situation akzeptiert, viele Dinge zu tun gefunden, die mir Spaß machen und habe mich insgesamt mit der Situation arrangiert, trotzdem gibt es einige Probleme, denen ich mich nicht gewachsen fühle. Es ist auf jeden Fall eine schwierige Entscheidung, aber ich denke dass ich mich in jedem Fall (bei früherem Rückflug aber auch beim hier bleiben) fragen würde, was bei der anderen Entscheidung passiert wäre... Also mal sehen.